Alles Walzer!

Ballszene
1815: Ballszene vom„The Duches of Richmond’s Ball“ ©Robert Alexander Hillingford

Mit Faschingsbeginn am 11. November beginnt in Österreich auch die Zeit der traditionellen Bälle. Aus der Geschichte gewachsen, ist dabei Wien die Hochburg. Alleine hier finden rund 400 Veranstaltungen in der Saison statt. Der wohl bekannteste ist der Opernball in der Wiener Hofburg, der jedes Jahr auch eine Vielzahl von internationalen hochrangigen Gästen anlockt.

Ballszene Wiener Kongress © Archiv Kulturverein Wiener Blut

Erste Bälle der Habsburger
Bis in das 17. Jahrhundert reicht die Tradition der Ballveranstaltungen zurück. Während der habsburgischen Monarchie wurden an der Wiener Hofburg Gesellschaftsbälle auf Anordnung des Kaisers für den Adel organisiert.
Der „Ball bei Hof“, der ausschließlich der Hofgesellschaft zugänglich war, galt als die höchste Tanzveranstaltung unter Kaiser Franz Joseph I. Dieser galt als äußerst nobel und elitär, geladen waren „nur“ rund 700 Gäste.
Daneben gab es noch Staatsbälle zu denen zur Hofgesellschaft auch noch Vertreter aus Kirche und Politik sowie hochrangige Offiziere eingeladen wurden. Am „Hofball“ der Habsburger nahmen damals über zweitausend Gäste teil.

Hofballmusikdirektor Johann Strauß Sohn mit seiner Kapelle
Hofballmusikdirektor Johann Strauß Sohn mit seiner Kapelle ©Archiv Kulturverein Wiener Blut

Dabei war eigentlich das Tanzen Nebensache. Vielmehr ging es darum die Möglichkeit zu erhalten, mit dem Kaiserpaar Konversation zu treiben, auch wenn die Zeremonie als solche streng geregelt war. Um 20.00 Uhr wurde der Ball mit dem Einzug der kaiserlichen Familie eröffnet, die daraufhin das Hofballorchester in Gang setzte. Viel Wert wurde auch auf das Buffet gelegt. Beendet wurde der Ball meist um Mitternacht, wenn sich die kaiserlichen Majestäten zurückzogen.
Damals wurde schon den Besuchern bei Verlassen des Festes ein kleines Geschenk überreicht. Auch diese Tradition findet man heute noch häufig auf Bällen.

Ball des Hotel de Ville in Wien Foto: Wilhelm Gause

Der Walzer als Ausdruck politischer Veränderung
Im Biedermeier begann die Zeit des Wiener Walzers, der von hier an zum musikalischen Muss jedes Wiener Balls erklärt wurde.
Mit dem darauffolgenden geistigen Umbruch, den europäischen Revolutionsbewegungen des Dritten Standes zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert und den damit verbundenen gesellschaftspolitischen Veränderungen, wurde auch der Walzer als neue Tanzform etabliert.
Kaiser Franz Joseph II., der als „Reformkaiser“ in die Geschichte einging, durchbrach das strenge Protokoll des Habsburgerhofes und öffnete die Türen des Hofes auch für das bürgerliche Volk. Zuvor waren Bälle ausschließlich der Aristokratie zugänglich. Mit dem Walzer kam es auch zu einer großen gesellschaftspolitischen Veränderung, denn erstmals in der Geschichte des Tanzes standen sich Mann und Frau eng, einander haltend, gegenüber ungeachtet des Standes oder Ranges, auch weil er als Symbol der französischen Bewegung anerkannt wurde.
Natürlich bot diese Entwicklung Anstoß zu moralischer Entrüstung. Der „Wiener Kongress“ machte den Walzer aber dann endgültig salonfähig, denn neben der politischen Arbeit gab es zahlreiche Bälle und so entstand auch der geschichtsträchtige Spruch „Der Kongress tanzt!“ – der Walzer wurde zum König der Tänze gekürt.
Mit den Walzerklängen wurde ein Mann weltberühmt: Johann Strauß Vater, der mit 152 Kompositionen von Wien bis London mit seinem Orchester aufspielte.

Die französische Quadrille
Den Wiener Ballbesuchern wohlbekannt ist die aus der Zeit Napoleons I. stammende Quadrille, die meist nach der Mitternachtseinlage oder stattdessen zu den Klängen der „Fledermaus-Quadrille“ von Johann Strauß Sohn getanzt wird.
In England wurde der Tanz vor 1816 eingeführt, in Deutschland gegen 1820. In der Form „Les Lanciers“ ist die Quadrille in ganz Europa bekannt geworden. Sie wird von jeweils acht Personen (vier Paaren) getanzt, die sich zwei und zwei im Quadrat gegenüberstehen. In der Regel ist der Tanz sechsteilig, mit einem Galopp am Ende.
Eine Weiterentwicklung der Quadrille ist die Walzerquadrille, die mit einem Walzer abschließt.

Ball der Offiziere / Hofburg / © Bundesheer/Roman Icher, Dragan Tatic

Ein Muss: Frack oder Smoking
Auch heute noch gelten bei Traditionsbällen strikte Bekleidungsvorschriften. Herren tragen Smoking oder Frack, Damen ein Ballkleid, das bodenlang sein muss. Debütantinnen tragen weiß.
Der Ursprung des Fracks liegt im englischen Frock. Dies war ein Kleidungsstück der unteren, arbeitenden Schichten. Anfang 1730 begannen junge Adelige diesen Frock zu informellen Anlässen zu tragen. Er bestand aus Wolle und war bereits vorne von der Brust abwärts schräg verlaufend nach hinten geschnitten. Zum Reiten wurde er aber auf Höhe der Taille horizontal nach hinten geschnitten, wodurch der „riding-coat“ entstand.
Ab etwa 1750 gelangten der Frock und der ridingcoat nach Frankreich, wo der Frock zum frac und der riding-coat, als Spezialfall, zum frac à l‘anglaise oder redingote wurde. Diese zwei fracs wurden in Frankreich immer populärer, bis sie Ende des 18. Jahrhunderts das Straßenbild dominierten.
Ab 1800 setzte sich der frac à l‘anglaise immer mehr durch. In den folgenden Jahren veränderte sich der Frack im Schnitt kaum, außer dass er in der Biedermeierzeit sehr tailliert war. Ab 1850 wurde der Frack allmählich nur noch zu besonderen Anlässen getragen. Ab den 1930-er Jahren wurde der Frack teilweise vom Smoking verdrängt.

Ball der Offiziere – © Bundesheer/Roman Icher, Dragan Tatic

Als Vorläufer des Smokings wird das „smoking jacket“ angesehen. Der Samt, aus dem diese Jacke bestand, hatte ursprünglich auch kräftige, dunkle Farbtöne wie etwa Weinrot, Tannengrün oder ein tiefes Dunkelblau. Diese Smokingjacke zog man statt der Frackjacke an, wenn man sich nach dem Dinner zum Rauchen ins Raucherzimmer begab, um dort einen Digestif zu trinken oder Karten zu spielen. Da der Rauchgeruch als den Damen unzumutbar empfunden wurde, war ein Wechsel zumindest der Jacke unabdingbar. Zugleich bedeutete das Überziehen der Smoking-Jacke, dass mit dem Rückzug der Herren der offizielle Teil des Abends beendet war.
Der Smoking wurde bis in die frühen 1920er-Jahre nur bei Privatgesellschaften, wie beispielsweise bei privaten Abendessen oder Männerclubbesuchen getragen. Zu formellen Abendveranstaltungen blieb der Frack das einzig angemessene Kleidungsstück. Erst danach gewann der Smoking immer mehr an Bedeutung, bis er Ende der 1930er-Jahre den Frack bei den meisten Anlässen zu ersetzen begann. Sowohl zum Frack als auch zum Smoking werden heute schwarze Lackschuhe getragen. Dabei müssen die Socken so lange sein, dass kein nacktes Bein zu sehen ist.
Ob prunkvoll oder in schlichter Eleganz, klassisch oder modern, Bälle sind ein wichtiger Teil der österreichischen Kultur, waren sie doch immer auch schon ein Zusammentreffen an dem mehr als nur getanzt wurde …

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